Tiroler Heimatblätter

Tiroler Heimatblätter

Die Tiroler Heimatblätter sind eine Zeitschrift für regionale Kultur, die in der Tradition klassischer Heimatgeschichtsschreibung steht. Sie wurden 1920 von den Heimatforschern Rudolf Sinwel und Eduard Lippott als Beilage zum Tiroler Grenzboten gegründet, erscheinen seit 1923 als selbstständige Zeitschrift und werden seit 1925 vom Verein herausgegeben.

Heute versammeln die Heimatblätter vor allem auf Nord- und Osttirol bezogene Beiträge aus den verschiedensten Bereichen der Volkskunde/Europäischen Ethnologie, Geschichte, Geographie, Kunstgeschichte, Bau- und Architekturgeschichte, Archäologie und Musikwissenschaft sowie aus dem Museums-, Bibliotheks- und Archivwesen, vereinzelt auch naturwissenschaftliche Beiträge; außerdem werden regelmäßig Texte von Autorinnen und Autoren des (an den Herausgeberverein angegliederten) Tiroler Mundartkreises abgedruckt. Nach wie vor richtet sich das Medium an eine breite Leserschaft.

Mit dem ersten Heft des Jahres 2018 hat die Kulturwissenschaftlerin Margret Haider (Studium der Volkskunde/Europäische Ethnologie) die redaktionelle Betreuung der Zeitschrift übernommen. Dieser Aufgabe geht sie in dem Anliegen nach, eine Plattform für neugierige, vielfältige, offene, kritische – und dabei auch selbstkritische – Blicke auf regionale Geschichte und Kultur zu bieten. Ideen zu möglichen Beiträgen und Textvorschläge nimmt sie gern entgegen: margret.haider@yahoo.de.

Bitte beachten: Zitierrichtlinien der Tiroler Heimatblätter

Die Tiroler Heimatblätter (mit dem neuen Untertitel Zeitschrift für regionale Kultur) werden durch die Stadt Innsbruck, die Kulturabteilung des Landes Tirol und die Sektion Kunst und Kultur des Bundeskanzleramtes gefördert. Sie erscheinen halbjährlich als Hefte im A4-Format mit je 48 Seiten und sind im Jahresabonnement für 22 Euro (inkl. MwSt.) zuzüglich Versandkosten beim Verlag Tyrolia erhältlich.

Bestellmöglichkeit:
Verlagsanstalt Tyrolia Ges.m.b.H
Exlgasse 20
6020 Innsbruck
Tel.: 0512 2233-2205
E-Mail: bchvrlgtyrlt

Zur Geschichte der Tiroler Heimatblätter

Die Geschichte der Tiroler Heimatblätter ist eng mit jener des heutigen Vereins für Heimatschutz und Heimatpflege in Nord- und Osttirol verknüpft. Dieser wurde 1908 in Innsbruck gegründet. Sein Zustandekommen kann als ein Ausdruck eines Unbehagens an den Umbrüchen gedeutet werden, die mit der Industrialisierung einhergingen. Der Vereinsgründer Kunibert Zimmeter, Beamter und späterer Direktor und Mitbesitzer der Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt, war in seinem Tun wesentlich vom Bund Heimatschutz (seit 1914 Deutscher Bund Heimatschutz) angeregt, der 1904 in Deutschland gegründet worden war.

Noch während des Ersten Weltkriegs erschien ein bereits länger ersehntes eigenes Publikationsorgan: die erste Nummer der Mitteilungen des Vereins für Heimatschutz in Tirol (1917). Zwar musste deren Erscheinen 1923 aus Kostengründen eingestellt werden, doch schon 1925 konnte der Verein die Tiroler Heimatblätter. Monatshefte für Geschichte, Natur- und Volkskunde als Zeitschrift übernehmen. Seither besorgt er deren Herausgabe.

Die eigentlichen Anfänge der Heimatblätter gehen jedoch noch weiter zurück, als ihre Verknüpfung mit dem Heimatschutzverein besteht: Von 1920 bis Anfang 1923 brachte der Tiroler Grenzbote, eine national-liberale Kufsteiner Halbwochen- bzw. Wochenschrift, eine vierseitige Beilage mit dem Titel Heimatblätter heraus: als Amtliches Organ der unterinntalischen Vereine für Heimatkunde und Heimatschutz. Das „Heimatblättchen“ wolle „der Heimat dienen“, „den Heimatsinn und die Heimatfreude“ „pflegen“, „vertiefen“ und „veredeln“, so der Kufsteiner Lehrer und Heimatforscher Rudolf Sinwel (1865–1947), der diese Beilage leitete und sie 1923 in eine selbstständige Monatsschrift umwandelte. Er gilt damit, gemeinsam mit dem Buchdrucker und Verleger Eduard Lippott (1873–1965), als Gründer der Tiroler Heimatblätter.

Schon an den ersten Ausgaben der Heimatblätter wird deutlich, dass sie im Zeichen eines emotional aufgeladenen Heimatbegriffs standen, wie er sich seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, vor allem aber im 19. Jahrhundert entwickelt hatte: Durch die vermehrte Kenntnis der ‚Heimat‘ sollte auch die ‚Liebe‘ zu ihr wachsen – und letztlich vor allem das Bedürfnis nach deren Schutz und Pflege. In enger Anbindung an das Programm der Heimatbewegung verfolgte die Zeitschrift damit lange vornehmlich ein ‚volksbildnerisches‘, ‚erzieherisches‘ Anliegen, das sich unter anderem auch im redaktionellen und schriftstellerischen Personal widerspiegelte. So handelte es sich bei den Redakteuren der ersten Zeit – bis zur kriegsbedingten Erscheinungspause im Wesentlichen Rudolf Sinwel, Hans Hochenegg, Hans Grissemann, Franz Zangerl und Kurt Walde – überwiegend um Personen aus dem Sozial- und Bildungsmilieu der Lehrerschaft. Zum Teil trifft dies auch auf die damaligen Autoren sowie auf einzelne Autorinnen zu, dazu gesellten sich unter anderem auch Geistliche und Universitätsgelehrte.

Inhaltlich war die Zeitschrift in ihren Anfängen stark von Beiträgen geprägt, die eher unterhaltenden Charakter hatten. So enthielten sie etwa Notenblätter, (Kinder )Reime, Zeichnungen, „Alttiroler Sinnsprüche“ sowie Rubriken wie „Heimgarten“ oder „Aus der heimischen Sagenwelt“. Mit der Zeit erhielten heimatkundliche Beiträge und ortsgeschichtliche Stoff- und Materialsammlungen anteilmäßig mehr Raum. Einen besonderen Stellenwert nahmen auch programmatische Aufsätze zu Heimat-, Natur- und Denkmalschutz sowie zu Baukultur ein. Dabei stellten sich die Heimatblätter – wie die Heimatbewegung insgesamt – nicht völlig gegen den Fortschritt: Auch technik-, verkehrs- und industriegeschichtliche Themen fanden zuweilen Bearbeiter; in den Blick kamen sie meist aber nur hinsichtlich ‚geglückter‘ Entwicklungen. Eine zentrale Rolle spielte alles in allem aber die Bauernschaft: Sie wurde als „Wurzel unserer Volkskraft“ (Paul Weitlaner) überhöht, während die real herrschende bäuerliche Not zugleich weitgehend ausgeklammert blieb. Dass das, was als heimatkundlich relevant erachtet wurde, politisch dabei keineswegs neutral war, zeigte sich etwa an der Haltung zu Südtirol: Immer wieder äußerten Autoren den Wunsch nach einer Wiedervereinigung mit dem 1919/1920 ‚verlorenen‘ Landesteil.

Im Jahr 1939 wurde der Verein der Landesgruppe Tirol des Deutschen Bundes Heimatschutz angegliedert, der in den folgenden Jahren auch die Zeitschrift herausgab, zunächst als Mitteilungsblatt, 1942 und 1943 als Heimatblätter für den Reichsgau Tirol und Vorarlberg. In inhaltlicher Hinsicht musste der Nationalsozialismus aber bis zur vorübergehenden Einstellung der Zeitschrift 1943 kaum etwas Neues erfinden. Die Jahrgänge unterscheiden sich bis auf die häufig abgedruckten „Goldenen Worte“ Adolf Hitlers auf der Titelseite und einzelne einschlägige Beiträge und Kommentare im Inneren auf den ersten Blick kaum von den vorhergehenden. So erschien etwa schon 1930 ein Beitrag mit dem Titel „Volkstümliche Rassenkunde“ (Josef Schuler), während es in der Zeit von 1938 bis 1943 auch Texte gab, die sich nicht ohne Weiteres in die herrschende Ideologie einfügten. Eine genaue Untersuchung zur Geschichte der Zeitschrift im Nationalsozialismus steht noch aus.

Ab 1947 erschien das Medium wieder regelmäßig und unter dem früheren Namen (mit dem neuen Untertitel Monatshefte für Geschichte, Natur- und Volkskunde), bald jedoch nicht mehr monatlich, sondern – bis zur Umstellung auf eine Halbjahresschrift 2008 – vierteljährlich. Im Lauf der Jahrzehnte haben die Heimatblätter ihren anfänglich stark ausgeprägten ‚Familienblatt-Charakter‘ mehr und mehr abgelegt und sich in eine (populär )wissenschaftliche Richtung entwickelt. Nach dem Krieg gerieten zunächst volkskundliche Beiträge in den Hintergrund, die Kunst- und Landesgeschichte trat stärker in den Vordergrund. Ab den 1950er Jahren erfolgte eine engere Anbindung an das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum und damit eine stärkere Fokussierung auf museale Aspekte – zunächst durch Erich Egg und Gert Ammann als Co-Redakteure von Hans Hochenegg, ab 1993 zusätzlich vor allem durch Ellen Hastaba, die neben Hans Gschnitzer in das Redaktionsteam eintrat. Von 2007 bis 2017 redigierte der habilitierte Geograph Georg Jäger die Heimatblätter (in dieser Zeit mit dem Untertitel Zeitschrift für Heimatpflege in Nord- und Osttirol), der Schwerpunkt verschob sich damit leicht zugunsten geographischer Themen.

Über die Jahre betrachtet, scheint die ‚Heimat‘ im Sinne des Heimatschutzes und der Heimatpflege den Fokus vieler Heimatblätter-Beiträge zu bilden – womit vorwiegend das Schöne und die Schätze eines vermeintlich ‚naturnotwendig‘ entstandenen Landes im Mittelpunkt standen. Zwar gab es im Laufe des fast 100-jährigen Bestehens der Zeitschrift auch Bemühungen, problematische Gesichtspunkte zu thematisieren. Unbequeme Aspekte der Geschichte wurden insgesamt aber wohl allzu oft ausgeklammert. Der neue Untertitel der Heimatblätter – Zeitschrift für regionale Kultur (seit 2018) – beschreibt das Feld, auf dem sich die Heimatblätter bewegt haben und bewegen: regionale Kultur. Diese ist dabei als etwas Gewordenes, sich Veränderndes, also mit Blick auf Geschichtlichkeit zu betrachten.

Für die Zukunft ist ein Umgang mit dem Begriff Heimat gefragt, der den Haupttitel der Zeitschrift mehr und anderes sein lässt als nur belastetes und belastendes Erbe: Welche Sichtweisen auf Heimat spiegeln sich in den einzelnen Beiträgen wider? Warum treten diese (und nicht andere) genau so (und nicht anders) zutage? Wo, wie und mit welchen Auswirkungen wird über Heimat gesprochen? Wem wird Heimat zugesprochen (und wem nicht)? Und was bedeuten die Gebrauchsweisen des Begriffs? Diese Fragen wären auch mit Bezug auf den ‚alten Stoff‘ zu stellen – umso mehr, als die Geschichte der Heimatblätter in vielen Kapiteln noch ungeschrieben ist. Es ist der Zeitschrift zu wünschen, dass diese Gesichtspunkte künftig Bearbeiterinnen und Bearbeiter finden mögen.

Literatur:
Margret Haider: Welche Heimat? Welche Blätter? Aus aktuellem Anlass. In: Tiroler Heimatblätter, 93 (2018), H. 1, S. 2–8.
Ellen Hastaba: 1923–2000: 75 Jahre „Tiroler Heimatblätter“. Gedankensplitter zu einem Jubiläum. In: Tiroler Heimatblätter, 75 (2000), H. 1, S. 5–8.
Hans Hochenegg: Rückblick auf die Geschichte der „Tiroler Heimatblätter“ als Einführung in das Gesamtverzeichnis. In: Tiroler Heimatblätter, 64 (1989), H. 2/3, S. 44–49.
Nikola Langreiter: Tiroler Heimatblätter, Jg. 70, 1995 und Tiroler Heimat, Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde, Bd. 59, 1995, Rezension online unter http://www.kulturwissenschaft.at/rezensionen/rezensionen_inhalt_tiroler_heima.htm (3.5.2018).

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